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Das Wildnisgebiet

Das Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal bewahrt mit dem Urwald Rothwald den größten Urwaldrest des gesamten Alpenbogens und ist seit 2017 UNESCO-Weltnaturerbe.

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Die Belastung unseres Planeten auf ein global verträgliches Maß zu senken, ist die größte Herausforderung dieses Jahrhunderts.

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Information

Die Schutzgebietsverwaltung des Wildnisgebietes Dürrenstein-Lassingtal hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen eine emotionale Verbundenheit mit der Natur zu ermöglichen.

Wasser im Wald

Wildnisgebiet
Artikel
Eine zentrale Herausforderung für Ökosysteme und nachhaltige Bewirtschaftung. Erkenntnisse vom "Tag der Wildnis".

Das Symposium „Wasser im Wald“ im Rahmen des „Tags der Wildnis“ im Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal bot einen fundierten interdisziplinären Austausch über die essentiellen Funktionen von Wäldern im Wasserkreislauf und die Auswirkungen des Klimawandels auf dieses komplexe System. Fachleute aus Wissenschaft, Forstwirtschaft, dem Naturschutz und der zuständigen Behörden beleuchteten die Rolle der Wälder als Wasserspeicher und Ökosystemdienstleister sowie die Herausforderungen, die sich durch den globalen Wandel für deren Bewirtschaftung und den Schutz der Biodiversität ergeben.

Ökosysteme unter Druck - Der Klimawandel und die Wasserverfügbarkeit

Univ. Prof. Dr. Martin Kainz von der Universität für Weiterbildung Krems und dem WasserCluster Lunz eröffnete das Symposium mit einem Vortrag, der die komplexen Wechselwirkungen zwischen Wasser und Ökosystemen im Wandel des Klimas untersuchte. Kainz machte deutlich, wie steigende Temperaturen und veränderte Niederschlagsmuster die natürlichen Süßwassersysteme unter Druck setzen. Besonders betonte er die Bedeutung intakter Naturräume und Flusseinzugsgebiete für die natürliche Wasserspeicherung. Diese bieten nicht nur Schutz vor Überschwemmungen und Dürreperioden, sondern sichern auch die Verfügbarkeit von Wasser für Mensch und Natur. Dabei hob er hervor, dass technische Lösungen allein nicht ausreichen, sondern der Fokus auf sogenannten „Nature-based Solutions“ liegen müsse. Der Erhalt von Lebensräumen, die das natürliche Wassermanagement unterstützen, sei unerlässlich, um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen.

Hydrologische Prozesse im Wald: Einblicke in den Wasserkreislauf

Der Wald spielt eine unverzichtbare Rolle im Wasserkreislauf: Als Speicher von Niederschlägen und als Regulierer von Transpiration und Bodenfeuchte beeinflusst er nicht nur den lokalen Wasserhaushalt, sondern trägt auch zur Klimaregulierung bei. Dr. Marius Floriancic von der ETH Zürich präsentierte im Rahmen seines Vortrags "Überraschende Erkenntnisse entlang des Wasserkreislaufs im Wald" neue Forschungsergebnisse, die die Rolle von Winterniederschlägen als Schlüsselfaktor für den Wasserhaushalt und die Transpiration von Bäumen verdeutlichen. Florianic zeigte, dass insbesondere die Wintermonate eine entscheidende Rolle bei der langfristigen Wasserversorgung von Wäldern spielen, da in dieser Zeit gespeichertes Wasser im Boden für den Sommerbedarf aufbereitet wird. Diese Erkenntnis hat weitreichende Implikationen für die Waldpflege und die nachhaltige Bewirtschaftung von Wäldern in Zeiten des Klimawandels.

Humus als Schlüsselressource

Der Vortrag von DI Dr. Mathias Mayer von der Universität für Bodenkultur Wien lenkte die Aufmerksamkeit auf den Waldboden als natürlichen Wasserspeicher. Besonders der Humusgehalt sei entscheidend für die Wasserhaltefähigkeit des Waldes. Doch dieser wertvolle Bodenschatz sei durch Störungen wie Windwurf, Schädlinge oder intensive Holznutzung gefährdet. Mayer betonte, dass Humusverluste nicht nur die Wasserverfügbarkeit beeinträchtigen, sondern auch die Nährstoffversorgung und Kohlenstoffbindung im Boden. Um diese Funktion zu sichern, empfahl er eine rasche Verjüngung nach Störungen und das Belassen von Schlagabraum und Totholz, um den Boden zu stabilisieren. Eine differenzierte, standortangepasste Forstwirtschaft sei notwendig, um den spezifischen Anforderungen verschiedener Waldstandorte gerecht zu werden.

Renaturierung als gesellschaftliche Aufgabe

Im Rahmen ihrer Präsentation zur europäischen Renaturierungsverordnung zeigte Ass.Prof. Dr.in Rafaela Schinegger von der BOKU Wien auf, wie Renaturierungsmaßnahmen die ökologische Resilienz von Wald- und Gewässerökosystemen stärken können. Schinegger betonte, dass Renaturierung nicht nur eine ökologische, sondern auch eine gesellschaftliche Aufgabe sei, die integrative Planung und die frühzeitige Einbindung der Landnutzer*innen erfordere. Ihre Argumentation stützte sich auf die Erkenntnis, dass wissenschaftlich fundierte, politische Unterstützung und geeignete Förderinstrumente notwendig sind, um die Umsetzung erfolgreicher Renaturierungsprojekte zu gewährleisten. Sie schloss mit der Feststellung, dass Renaturierung sich für Umwelt und Gesellschaft gleichermaßen auszahle.

Ein Blick auf die Praxis - Podiumsdiskussion

Die Podiumsdiskussion am Ende des Symposiums stellte die Verbindung zwischen den theoretischen Erkenntnissen und deren praktischer Umsetzung in den Vordergrund. DIin Elfriede Moser, Sektionsleiterin Forstwirtschaft und Regionen im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft (BMLUK), unterstrich die zentrale Rolle des Waldes für den Wasserhaushalt in Österreich. Der Wald bedecke knapp 50 % der Landesfläche und agiere wie ein natürlicher Wasserspeicher. „Der Wald speichert Niederschläge, verzögert den Abfluss und sichert unsere Trinkwasserqualität“, erklärte Moser und verwies auf die besondere Bedeutung des Waldes während Extremereignissen. So habe der Wienerwald im Herbst 2024 große Wassermengen während eines Hochwassers gepuffert und die Stadt Wien vor größeren Schäden bewahrt. In Dürrezeiten komme ihm jedoch ebenfalls eine wichtige Rolle als Wasserspeicher zu. Moser betonte, dass der Waldfonds des Ministeriums Maßnahmen fördere, die sowohl den Hochwasserschutz als auch die Biodiversität und Resilienz der Wälder stärken.

Marlon Schwienbacher, MSc MSc vom Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal ergänzte, dass hochrangige Schutzgebiete wertvolle Referenzflächen darstellten, um die natürlichen Kreisläufe und hydrologischen Prozesse zu beobachten. Diese Gebiete könnten als Modell für das Management bewirtschafteter Wälder dienen. Konzepte wie „Land Sharing“ und „Land Sparing“ – die gleichzeitige Förderung von produktiver Nutzung und Naturschutz – würden aufzeigen, wie das Beste aus beiden Welten miteinander kombiniert werden kann. Schwienbacher hob hervor, dass für die Stabilität dieser Leistungen intakte Böden und ein gesundes Waldklima unerlässlich seien, wobei autogene und evolutionäre Prozesse in den Schutzgebieten ungestört ablaufen sollten.

Dr.in Alexandra Wieshaider von den Österreichischen Bundesforsten brachte die praktische Perspektive des Forstbetriebs im Wienerwald ein. Sie erklärte, dass der Wasserrückhalt im Wald sowohl für die Bewältigung von Trockenheit als auch für die Kontrolle von Starkregenereignissen von zentraler Bedeutung sei. Die betriebliche Praxis setze daher bewusst auf strukturreiche Bestände, standortangepasste Baumarten und langfristige Stabilität, um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen. Wieshaider betonte zudem, wie wichtig die Zusammenarbeit mit Forschung und Gesellschaft sei, um die multifunktionale Rolle des Waldes zu fördern.

Die Podiumsteilnehmer*innen teilten die Ansicht, dass unsere Wälder unverzichtbare Partner im Umgang mit dem Klimawandel sind. Sie bieten Schutz vor Hochwasser, puffern Dürreperioden, speichern CO₂ und sichern die Trinkwasserversorgung. Um diese Funktionen auch in Zukunft sicherzustellen, bedarf es einer intelligenten Kombination aus Schutz und nachhaltiger Nutzung, Forschung und Praxis sowie langfristigem Denken und Innovation.

Fazit: Der Wald als multifunktionales Ökosystem im Wandel

Die Beiträge des "Tag der Wildnis" machten deutlich, dass der Wald als Wasserspeicher ein komplexes und empfindliches System ist. Der Schutz seiner Funktionen erfordert interdisziplinäres Wissen, standortgerechtes Management und gesellschaftliche Verantwortung. In Anbetracht zunehmender Extremwetterereignisse, des Biodiversitätsverlusts und der Ressourcenknappheit wird die Bedeutung von Wasser im Wald immer dringlicher. Der „Tag der Wildnis“ hat nicht nur wertvolle wissenschaftliche Erkenntnisse geliefert, sondern auch den Dialog zwischen Wissenschaft, Praxis und Politik gestärkt – ein wichtiger Schritt hin zu resilienten Wäldern der Zukunft.

Symposium „Verlorene Wildnis – Verlorenes Wissen“
v.l. Christina Laßnig-Wlad (ÖBf, Leiterin Naturraummanagement), ChristophLeditznig (Geschäftsführer Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal), Martin Kainz(Professor für Aquatische Ökosystemforschung und -gesundheit an der Universitätfür Weiterbildung Krems sowie Arbeitsgruppenleiter am WasserCluster Lunz),Marlon Schwienbacher (Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal, AbteilungsleiterNaturraummanagement), Andreas Gruber (ÖBf-Vorstand), Elfriede Moser(Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen undWasserwirtschaft, Leiterin der Sektion Forstwirtschaft und Regionen – SektionIII), Mathias Mayer (Universität für Bodenkultur Wien, wiss. ProjektmitarbeiterInstitut für Waldökologie), Rafaela Schinegger (Universität für BodenkulturWien, Assistenzprofessorin für Naturschutzplanung am Institut fürLandschaftsentwicklung, Erholungs- und Naturschutzplanung), Marius Floriancic(ETH Zürich, Senior Scientist am Institut für Umweltingenieurwissenschaften undLeiter der hydrologischen Forschungsstation „Waldlabor Zürich“), Katharina Pfligl(ÖBf/Stellv. Geschäftsführerin Schutzgebietsverwaltung WildnisgebietDürrenstein-Lassingtal), Stefan Friedl (Leiter ÖBf-Forstbetrieb Steiermark),Alexandra Wieshaider (ÖBf-Forstbetrieb Wienerwald, Betriebleiter-Stv.),Bernhard Funcke (Leiter ÖBf-Forstbetrieb Waldviertel-Voralpen) © Christian Scheucher
Begrüßung des Symposiums durch Andreas Gruber (ÖBf-Vorstand) und Christoph Leditznig (Geschäftsführer Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal) © Christian Scheucher

Ein Blick auf die Praxis - Podiumsrunde © Christian Scheucher