Das Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal leistet als einzigartiges Waldwildnisgebiet nicht nur einen essenziellen Beitrag zum Natur- und Biodiversitätsschutz, sondern besitzt auch einen besonderen Stellenwert in der Forschung da in diesem UNESCO Weltnaturerbe ungestört Evolution stattfinden kann. Im Zuge des „Tag der Wildnis“ werden jährlich wichtige Fragen zum Wert der Wildnis sowie der Notwendigkeit und Bedeutsamkeit der Forschung in Schutzgebieten aufgezeigt und beantwortet.
Buntes Spezialprogramm für Volkschüler*innen
Der Vormittag war ganz den Jüngsten gewidmet: An verschiedenen Mitmach- und Vermittlungsstationen hatten die Volksschülerinnen und Volksschüler aus den Wildnisgebietsgemeinden Lunz und Göstling am „Tag der Wildnis“ die besondere Gelegenheit, die einzigartigen Lebensräume des Urwalds interaktiv zu entdecken. Mehr dazu in einem weiteren Artikel!
Symposium „Verlorene Wildnis – Verlorenes Wissen“
Die Folgen der Klimakrise, wie beispielsweise steigende Temperaturen, Hitzewellen und Stürme, setzen unseren Wäldern zu und begünstigen die Verbreitung des Borkenkäfers. Dazu kommt, dass Bäume im Trockenstress immer weniger Gegenwehr leisten können. Der Borkenkäfer stand deshalb im Mittelpunkt des diesjährigen Symposiums „Verlorene Wildnis – Verlorenes Wissen“. Verschiedene Perspektiven aus Wissenschaft und Praxis beleuchteten die Herausforderungen für die Forstwirtschaft und was wir von Wildnisgebieten lernen können.
Das heurige Programm, dass das oft kontroversielle Thema Borkenkäfer behandelte, richtete sich am Vormittag an Schulkinder der Region und wechselte am Nachmittag in das Symposium „Verlorene Wildnis – Verlorenes Wissen“. Ausgewählte Fachvorträge und eine anschließenden Podiumsrunde mit Expert*innen begeisterte die interessierten Teilnehmer*innen. Christina Laßnig-Wlad führte die Gäste mit ihrer Moderation durch das Symposium.
Andreas Gruber, Vorstand für Forstwirtschaft und Naturschutz der Österreichischen Bundesforste, gab in seinem Vortrag einen Einblick in die Herausforderungen des Forstschutzes und zeigte unter anderem das umfangreiche Borkenkäfermanagement der Bundesforste auf – von der Früherkennung durch flächendeckendes Monitoring, über den Einsatz von Lockstoff-Fallen und Fangbäumen bis hin zu Entrindung von Stämmen oder den raschen Abtransport befallener Bäume. Als größter Waldbesitzer Österreichs setzen die Bundesforste seit vielen Jahren auf eine nachhaltige Bewirtschaftung ihrer Flächen und machen ihre Wälder schon heute klimafit. Der Wald der Zukunft ist ein bunter, artenreicher Mischwald mit einem an den jeweiligen Standort angepassten Baumarten-Mix. Über drei Viertel der Fläche des Wildnisgebiets sind wurden von den Bundesforsten eingebracht.
Hauptaugenmerk des Vortrags von Georg Gratzer, Professor für Bergwaldökologie und stellvertretender Institutsleiter des Instituts für Waldökologie am Department für Forst- und Bodenwissenschaften der Universität für Bodenkultur Wien, lag auf der natürlichen Baumverjüngung bzw. der vermehrten Fichtenverjüngung nach Borkenkäferbefall. Darüber hinaus zeigte er auf, dass klimatische Extremereignisse, die zu Störungen in den Wäldern führen, wie Stürme und Gradationen von Borkenkäfern, in den letzten Jahrzehnten an Häufigkeit und Intensität drastisch zugenommen haben. Die Wiederbewaldung dieser Flächen wird somit zu einer der zentralen Herausforderungen für die Forstwirtschaft in Mitteleuropa in den nächsten Jahrzehnten.
Axel Schopf, Professor i.R. am Institut für Forstentomologie, Forstpathologie und Forstschutz der Universität für Bodenkultur Wien, beleuchtete die Entwicklung des „Buchdruckers“ (Ips typographus) – einem Käfer aus der Familie der Borkenkäfer – im Wildnisgebiet unter sich ändernden Klimabedingungen. Die Auswirkungen der Klimaerwärmung sind im Wildnisgebiet bereits deutlich zu erkennen: So kann durch die Temperaturzunahme ein einzelnes Buchdruckerweibchen heutzutage das 40-fache an Nachkommen produzieren als vor 30 Jahren.
Maria von Rochow, Rangerin und Naturraummanagerin im Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal, gab in ihrem Impulsvortrag mitunter einen Einblick in die Aufgaben und Ziele des Wildnisgebiets. Sie zeigte auf, dass das Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal als einzigartiges Waldwildnisgebiet nicht nur einen essenziellen Beitrag zum Natur- und Biodiversitätsschutz leistet, sondern auch einen besonderen Stellenwert in der Forschung besitzt, da in diesem UNESCO-Weltnaturerbe ungestört Evolution stattfinden kann.
Bei der anschließenden Podiumsdiskussion – unter anderem mit Georg Gratzer, Antje Güttler, Leiterin des ÖBf-Forstbetriebs Kärnten-Lungau, Peter Mayer, Leiter des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW) und Johannes Schima, Leiter der Abteilung Waldschutz, Waldentwicklung und forstliche Förderung im Bundesministerium für Land- Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft – stand der Austausch und Wissenstransfer zwischen Forschung und Praxis im Vordergrund. Dabei wurde deutlich, dass es essenziell ist, gemeinsame Lösungskonzepte zu finden und es beides braucht – sowohl eine naturnahe Forstwirtschaft als auch strenge Schutzgebiete zur Erhaltung der Biodiversität.
Die Schutzgebietsverwaltung Wildnis Dürrenstein-Lassingtal bedankt sich für das große Interesse an unserer Veranstaltung und den regen Austausch!