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Das Wildnisgebiet

Das Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal bewahrt mit dem Urwald Rothwald den größten Urwaldrest des gesamten Alpenbogens und ist seit 2017 UNESCO-Weltnaturerbe.

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Haus der Wildnis

Dem Urwald so nah wie nie! Das Haus der Wildnis und seine Ausstellunggeben dank moderner Technik einmalige Einblicke in den größten Urwald des Alpenbogens.

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Klimapartnerschaft

Die Belastung unseres Planeten auf ein global verträgliches Maß zu senken, ist die größte Herausforderung dieses Jahrhunderts.

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Information

Die Schutzgebietsverwaltung des Wildnisgebietes Dürrenstein-Lassingtal hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen eine emotionale Verbundenheit mit der Natur zu ermöglichen.

Es war dann mal weg: Das Wisent

Wildnisgebiet
Artikel
Einst waren Wisente in ganz Mitteleuropa heimisch, heute gibt es nur noch kleine Restpopulationen.

Eine wichtige Aufgabe von Schutzgebieten, wie dem Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal, liegt darin, natürliche Lebensräume (Biotope) mit ihren Lebensgemeinschaften (Biozönosen), also ganze Ökosysteme, zu erhalten. Dabei vergisst man nur zu oft, wie viele Arten bereits verschwunden sind und uns scheinbar gar nicht abgehen, weil wir diesen Zustand mit diesen Arten nie erlebt haben.

Mit unserer neuen Reihe wollen wir Arten, die in Vergessenheit geraten sind, vor den Vorhang bitten. Es geht hier nicht um die Zeit der Dinosaurier, sondern um jene Zeit, wo wir Menschen schon unser „Unwesen“ getrieben haben. Diese Art steht aktuell noch immer vor dem Aussterben und konnte vor wenigen Jahrzehnten nur durch intensivste Schutzmaßnahmen gerettet werden – das Wisent.

Es ist kaum zu glauben, aber das größte unserer europäischen Wildrinder hat vor nicht allzu langer Zeit nacheiszeitlich im heutigen Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal unter durchaus komfortablen Lebensbedingungen existiert. Knochenfunde in den Höhlen des Dürrenstein-Massivs bestätigen das Vorhandensein des Wisents über einen langen Zeitraum. Wann genau die Tiere von hier verschwunden sind, ist nicht belegt.

In Mitteleuropa starben die Wisente endgültig vor ca. 250 Jahren aus.

Nur in Polen hielt sich eine kleine Restpopulation. Dass das Wildnisgebiet vormals reich an Tieren war, zeigt auch der ursprüngliche Name des Dürrensteins, der vermutlich „Thierstock“ lautete und nichts mit Dürre zu tun hatte, sondern vielmehr auf den Wildtierreichtum der Region hinwies. Das Bild unserer Wälder, das über Jahrzehnte hinweg aus dem ökonomischen Blickwinkel heraus geprägt wurde, zeigt einen gleichförmigen Wald mit möglichst wenig Wildverbiss und keinen Schälschäden. Das war natürlich nicht immer so. Große Pflanzenfresser wie Elch, Rothirsch oder eben der Wisent haben ihren Lebensraum mitgestaltet.

Das bedeutet aber nicht, dass diese Arten den Wald zerstören würden! Nein, vielmehr sorgen diese Großsäuger für einen mosaikartigen Aufbau der Wälder, ohne diesen aber nachhaltig negativ zu beeinträchtigen, solange das Baumartengefüge einer natürlichen Waldgesellschaft entspricht. „Großsäuger (Megaherbivore) bauen den Wald um und schaffen so abwechslungsreiche Mikrohabitate“, so die Verhaltensökologin Kaj Heising.

Die sogenannte Megaherbivoren-Theorie geht davon aus, dass große Pflanzenfresser sich ihren Lebensraum gestalteten, besonders jene Bereiche, die sich im Übergang von geschlossenen Wäldern zu Offenland befanden. Wisente vertragen in ihrem Fell Samen oder scheiden diese mit ihrem Kot aus. Sie tragen somit zur Verbreitung von Pflanzen bei.

Apropos Kot der Wisente: Viele Mistkäferarten profitieren vom Kot dieser Rinderart. Von den Käfern leben wieder Insektenfresser wie Spitzmäuse oder Igel. Auch insektenfressende Vogelarten ziehen ihren Vorteil aus dem Vorhandensein der Käfer und damit aus dem Vorhandensein der Wisente. Reich strukturierte Wälder bedeuten unterschiedlichste Mikrohabitate und damit eine deutlich höhere Artenvielfalt/Biodiversität.

Wie groß die Bedeutung einer hohen Biodiversität ist, zeigen auch neueste Untersuchungen beim Klimawandel, wo ein direkter Zusammenhang zwischen Kohlenstoffbindung und Biodiversität hergestellt werden konnte. Am Beispiel des Wisents muss man aber auch erkennen, dass unsere Schutzgebiete, so unersetzbar und wichtig diese sind, oft nur Teilbereiche ihrer Funktionen abdecken können.

Uns ist natürlich bewusst, dass eine Wiederansiedlung dieser Wildrindart in absehbarer Zeit kein Thema für das Wildnisgebiet und die Region sein wird. Man muss sich aber immer vergegenwärtigen, dass Schutzgebiete ihre Funktion zur Sicherung funktionierender Ökosysteme, als Genpool und als „Nullfläche“ für Forschung sowie die daraus zu ziehenden Lehren, nicht in vollem Umfang erfüllen können, wenn wichtige Arten, die direkten Einfluss auf das gesamte Ökosystem haben, fehlen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass jede Art, die im Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal wieder seine Heimat finden kann, zum besseren Verständnis unserer Natur und unserer Umwelt beiträgt und in weiterer Folge einen Erkenntnisgewinn auch für unser Überleben liefert.

Steckbrief

© Gerhard Rotheneder

Wisent

Wissenschaftlicher Name: Bos bonasus

Vorkommen: ursprünglich in ganz Mitteleuropa, heute kleine Populationen in Polen und andere Gebiete Europas, die auf Wiederansiedelungen zurückzuführen sind

Unterarten: Flachlandwisent (Mittel- und Osteuropa) und Bergwisent (Kaukasus)

Größe: 250 bis 350 cm Länge und bis zu 200 cm Schulterhöhe (Weibchen ca. um ein Drittel kleiner)

Gewicht: große Bullen bis zu 1.000 kg

Reproduktion: 1 Jungtier pro Saison

Nahrung: Gräser, Kräuter, Zweige und Blätter, Rinde und Baumfrüchte wie Eicheln und Bucheckern